Sich ermutigen und inspirieren lassen (Riehener Zeitung)

TAGUNG Zusammenkunft und Vernetzung letzten Samstag am Gemeinschaftstag Riehen.

An einem Markt vor dem Geistlich-diakonischen Zentrum gab es die Gelegenheit, andere christliche Gemeinschaf- ten kennenzulernen und sich mit ihnen zu vernetzen.
In der Kapelle wurde gesungen und lobgepriesen, ehe es mit den Impulsreferaten zum Thema Gemeinschaft losging.

Wie ist es, in einer christlichen Gemeinschaft zu leben? Nun, die Frage nach der eigentlichen Art und Weise, wie es sich in einer solchen Gruppe lebt, wurde am Gemeinschaftstag Riehen letzten Samstag im Diakonissenhaus nur gestreift. Was wohl der Tatsache geschuldet sein dürfte, dass die Tagung gezielt Menschen ansprach, die eine Gemeinschaft suchten, gegründet hatten, initiieren wollten oder bereits in einer solchen lebten. Zumindest waren vor allem solche Besucher an jenem Tag anzutreffen und nicht die breite Öffentlichkeit. Umso mehr standen also tiefgründigere Fragen im Raum wie: Was bedeutet gemeinschaftliches Wohnen? Weshalb liegen dessen Wurzeln im christlichen Glauben? Und wozu dient diese Lebensweise?

Der Gemeinschaftstag Riehen umfasste nebst Impulsreferaten und einer Podiumsdiskussion in der Kapelle auch einen Markt vor dem Geistlich-diakonischen Zentrum, an dem sich Gemeinschaften und Kommunitäten aus der ganzen Schweiz präsentierten und sich miteinander vernetzen konnten. Networking ist denn auch eines der zentralen Ziele dieses alle paar Jahre stattfindenden Gemeinschaftstages. Oder in den Worten von Co-Organisatorin Irene Widmer-Huber: «Wir wollen uns finden, ermutigen und inspirieren lassen.»

Nach einem geistlichen Einstieg durch Schwester Delia Klingler von der Kommunität Diakonissenhaus Riehen inklusive Lektüre aus dem Matthäusevangelium wurde gemeinsam gesungen und lobgepriesen. Anschliessend bot sich Raum für die Kurzreferate und Diskussionen sowie für Stimmen aus dem Publikum.

Ursprung in der Bibel

Dabei wurde relativ schnell klar: Gemeinschaft ist nicht gleich Gemeinschaft, es gibt Nuancen und unterschiedliche Schwerpunkte – doch Sinn und Zweck ist unter dem Strich bei allen der gleiche. Mehrere Referenten betrachteten gemeinschaftliches Wohnen als Möglichkeit, mit Gott zu leben. Dem Co-Leiter des Reuss-Instituts Ruedi Beck gehe es etwa darum, «mit anderen in einem Raum zu leben, wo Christus wohnen kann». So ist es auch naheliegend, dass viele, wenn nicht sogar alle, den Ursprung gemeinschaftlichen Wohnens in der Bibel sahen: «Auch Jesus hatte damals zusammen mit seinen Jüngern in Gemeinschaft gelebt», veranschaulichte Stefan Maag vom Gebetshaus und der Lebensgemeinschaft Sonnhalde in Rüti.

Eindrücklich und vor allem ehrlich war das Statement von Christa Gasser vom House of Peace in Wabern: «Gemeinschaftliches Wohnen ist keine Versicherung gegen Einsamkeit.» Sie kam auch auf Herausforderungen zu sprechen. In Gemeinschaft zu leben, bedeute nämlich immer auch ein Stückweit Reibung: «Es kostet Energie, auf andere einzugehen und vielleicht auch einmal die eigenen Einstellungen anpassen zu müssen. Aber genau dort entsteht eben heilende Gemeinschaft.» Julia Neuenschwander berichtete vom Mehrgenerationenwohnen «erfahrbar» beim Kloster Fahr (AG), wo «Ökumene ein Herzensanliegen» sei und grosser Wert auf Gastfreundschaft gegenüber Menschen in Not gelegt werde. Und immer wieder betonten die Referenten, für ihre Zielsetzungen und Handlungen in der Gemeinschaft ganz bewusst auf den Wunsch von Gott hören zu wollen.

Die Zuschauerinnen und Zuschauer nahmen zwischen den Statements an der Diskussion teil, manche von ihnen nutzten die Gelegenheit, eigene Erfahrungen zu teilen, und jemand, der bereits in einer christlichen Wohngemeinschaft lebte, fühlte sich nach den Impulsreferaten verstanden: «Wenn ich sonst manchmal mit anderen Leuten darüber spreche, meinen sie, ich käme vom Mars.»

Nathalie Reichel

(Riehener Zeitung vom 8. September 2023)

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